Bauteilspezifikation
Zweck
Die Bauteilspezifikation bildet die Grundlage für die Produkterstellung und muss daher alle Angaben und technischen Anforderungen enthalten, die für die Herstellung nach den Anforderungen der relevanten technischen Spezifikationen und den Wünschen des Kunden erforderlich sind.
Sie kann, je nach Deklarationsverfahren, entweder vom Hersteller oder vom Auftraggeber erstellt werden und ist in Art und Umfang vergleichbar mit einem Lasten- bzw. Pflichtenheft.
Umfang
Die Bauteilspezifikation beinhaltet Angaben zu folgenden Punkten:
- Ausführungsunterlagen gemäß Eurocodes und EN 1090-ff
- Ausführungsklasse
- Vorbereitungsgrade für den Oberflächenschutz (falls erforderlich)
- Zusatzangaben und Auswahlmöglichkeiten nach EN 1090-ff
- Toleranzklassen
- Eventuell höhere Abnahmekriterien für Schweißnähte - Leistungsbeschreibung
- Termine
- Vorgaben zu Form, Funktion, Nutzung
- sonstige vertragliche und technische Bedingungen
Der Hersteller muss (anhand von Prüf- und Überwachungdokumenten) belegen können, dass die hergestellten Bauteile mit der Spezifikation übereinstimmen. Deshalb ist es z.B. auch erforderlich bei Bestellung von Rohmaterialien und Halbzeugen die erforderlichen Prüfzeugnisse (meist 3.1) direkt mit zu bestellen.
Produktfamilie
Als Produktfamilien oder -gruppen bezeichnet man die Zusammenfassung von Bauteilen, Baugruppen und/oder Produkten mit gleichen, vergleichbaren oder ähnlichen Material- und Herstellungsvoraussetzungen.
Nach EN 1090-1 (Pkt. 6.1) gilt:
„…Bauteile oder Bausätze dürfen in Familien zusammengefasst werden, wenn die wesentliche(n) Eigenschaft(en) bei allen Bauteilen in der Familie gleich ist/ sind.
- Eine Familie von geschweißten Stahlbauteilen darf charakterisiert werden durch den Grundwerkstoff und das Schweißverfahren. Werkstoffe niedrigerer Festigkeit bzw. mit besserer Schweißeignung können in die gleiche Familie mit einbezogen werden.
- Eine Familie von geschweißten Aluminiumbauteilen darf durch die Werkstoffgruppe und das Schweißverfahren charakterisiert werden. Dabei decken 7xxx-Legierungen alle anderen Legierungen und 6xxx-Legierungen decken 5xxx-Legierungen sowie 3xxx-Legierungen ab. 5xxx-Legierungen und 3xxx-Legierungen können als eine Gruppe betrachtet werden.
- Nicht geschweißte Bauteile derselben Ausführungsklasse dürfen als eine Familie betrachtet werden.“
Verallgemeinernd gilt: eine Produktgruppe besteht aus „Teilen“ mit
- vergleichbarem Grundwerkstoff bei Stahl bzw.
vergleichbarer Werkstoffgruppe bei Aluminium, - gleichem Schweißverfahren,
- vergleichbarer Ausführungsklasse und
- ggf. vergleichbaren konformitätsbeeinflussenden Produktionsschritten (wie z.B. Flammrichten, Wärmebehandlungen, etc.).
Dokumentation
Es gibt keine festgelegte Form für das Aussehen einer Bauteilspezifikation. Im einfachsten Fall kann dies eine Fertigungszeichnung mit den relevanten technischen Informationen sein, oder auch die technische Auftragsbeschreibung.
Da die Bauteilspezifikation die Grundlage für der Erstellung der Leistungserklärung und der CE-Kennzeichnung bildet, ist es jedoch sinnvoll die relevanten Daten dafür im Formblatt FB 72-3 "Bauteilspezifikation"zusammenzufassen.
Nachfolgende zusammengestellte Fragen zu Verantwortlichkeiten bei der Erstellung der Bauteilspezifikation und der Erfüllung wesentlicher Anforderungen können dabei als Hilfe zur Überprüfung der Vollständigkeit vorliegender Angaben genutzt werden.
- Wurde eine Vertragsprüfung durchgeführt? (z.B. nach eingeführtem Qualitätssicherungssystem)
- Wer ist für die Erstellung der Bauteilspezifikation verantwortlich?
● den Auftraggeber (PPCS)
● Sie als Hersteller (MPCS) - Liegen Angaben des Auftraggebers zu den Tragfähigkeitsmerkmalen vor? Im Einzelnen:
● Tragfähigkeit
● Ermüdungsfestigkeit
● Feuerwiderstand - Liegen Anforderungen des Auftraggeber an weitere Herstellmerkmale vor? Im Einzelnen:
● Bemessungsgrundlagen (Eurocodes oder andere) ● Ausführungsklasse
● Schweißqualität
● Formgenauigkeit (Toleranzklassen); sonstige Toleranzangaben
● Oberflächeneigenschaften
● sonstige Herstellmerkmale - Steht die Ausführungsklasse (EXC) fest und ist herstellerseitig die entsprechende Qualifikation (Zertifizierung) vorhanden?
- Wird die statische Bemessung in Herstellerverantwortung (MPCS) durch einen externen Dritten (z.B. Ingenieurbüro) erstellt?
wenn ja, liegen für diesen Dienstleister Qualifikationsnachweise vor? - Erfolgt die statische Bemessung nach Eurocodes?
- Erfolgt die statische Bemessung nach anderen, vom Auftraggeber festgelegten Vorgaben?.
- Entspricht die gewählte Art der Bemessung voraussichtlich den gesetzlichen Bestimmungen im Verwenderland der Bauteile?
- Stehen die Konstruktionsmaterialien für das Bauteil fest?
- Sind alle Bauteilquerschnitte definiert? (Profile,Blechdicken etc.)
- Entsprechen die festgelegten Konstruktionsmaterialien den maßgebenden Abschnitten aus DIN EN 1090-2 bzw. -3?
- Entsprechen die festgelegten Konstruktionsmaterialien den Anforderungen an die Festigkeitseigenschaften des Bauteils einschließlich der Ermüdungsfestigkeit?
- Entsprechen die festgelegten Konstruktionsmaterialien für Stahlbauteile den Anforderungen an die Schweißeignung?
- Entsprechen die festgelegten Konstruktionsmaterialien für Stahlbauteile den Anforderungen an die Bruchzähigkeit? (Kerbschlagbiegeversuch nach Charpy)
- Liegen die Maßangaben herstellgerecht und komplett vor und gibt es vollständige Angaben zu Toleranzen für Maße und Form?
- Entsprechen die festgelegten Konstruktionsmaterialien und die vorgesehene Herstellung den Anforderungen hinsichtlich des Feuerwiderstands? (z.B. durch Brandschutzbeschichtung o.Ä.)
- Entspricht die vorgesehene Herstellung den Anforderungen hinsichtlich der Dauerhaftigkeit? (z.B. durch Beschichtung in Übereinstimmung mit den Anforderungen des Auftraggebers an die Oberflächenbeschaffenheit)
- Ist festgelegt, ob für die Ausführungsklasse EXC2 eine Qualitätsdokumentation erforderlich ist?
- Ist festgelegt, ob ein Qualitätsmanagementplan erforderlich ist?